MÜNSTER. 1972 trat er in die Jugendfeuerwehr Coesfeld ein, später wurde er Technikchef bei der Berufsfeuerwehr Köln und seit 1994 ist er Leiter der Berufsfeuerwehr Münster: Benno Fritzen (60) geht Ende des Monats in den Ruhestand. Seine Dienstzeit beschreibt er als „spannend und aufregend“.
Nach 45 Jahren Feuerwehr-Dienst geht der Chef der Feuerwehr , Benno Fritzen (60), Ende des Monats in den Ruhestand . In seine Zeit fiel der Neubau der Wache 2, der Fahrzeugpark wurde modernisiert, und Löschzüge bekamen neue Gerätehäuser. Die Hauptwache erhielt eine der modernsten Einsatz-Leitstellen Deutschlands. Markante Unwetterlagen forderten den Einsatz aller Helfer.
Redakteur Helmut Etzkorn sprach mit Fritzen über Herausforderungen und Einsätze.
Sie haben ihr Hobby zum Beruf gemacht und fast 23 Jahre die Feuerwehr Münster geleitet.
Würden Sie mit dem Wissen von heute den gleichen Weg noch einmal gehen?
Fritzen: Ja, unbedingt. Feuerwehr ist ungemein vielseitig, häufig aufregend, fast immer erfüllend.
Was macht den Reiz aus, Feuerwehrmann zu sein?
Fritzen: Es ist die spannende Mischung aus Action, Technik und – es klingt abgedroschen – dem guten Gefühl, helfen zu können. Immer haben wir es mit Menschen zu tun, die unsere Hilfe brauchen. Und mit den 1012 Einsatzkräften von Berufsfeuerwehr und Freiwilliger Feuerwehr , die diese Organisation tragen. Man begegnet einer Vielzahl an Charakteren und Persönlichkeiten mit einem bunten Strauß an Fähigkeiten. Bei der Feuerwehr ist Teamarbeit der Normalfall, da wird es nicht langweilig.
Welche Herausforderungen in der Zukunft gibt es?
Fritzen: Wir müssen uns auf den Klimawandel einstellen. Extremwetterlagen werden zunehmen, die Folgen werden wir alle spüren. Wir werden als Feuerwehr künftig häufiger an unsere Grenzen stoßen. Ein anderes Thema sind Sicherheitsstandards beispielsweise im Baurecht, die schleichend reduziert werden. Der Staat ersetzt die eigene Aufsicht durch private Gutachter und reduziert so seine Verantwortung. Sicherheit wird zur Ware und damit verhandelbar. Das gilt auch für den Strommarkt. Über kurz oder lang werden wir einen Crash erleben.
Mit welchen Folgen für die Bevölkerung?
Fritzen: Ein großflächiger Stromausfall hat schon nach wenigen Stunden dramatische Folgen. Dauert er mehr als 48 Stunden, wird es katastrophal. Viele Menschen wiegen sich in trügerischer Sicherheit. Sie sollten ein Mindestmaß an Vorsorge treffen. Dazu gehört die Bevorratung mit Lebensmitteln und Wasser für mindestens eine Woche.
Und die Feuerwehr? Muss auch sie sich angesichts neuer Herausforderungen wandeln?
Fritzen: Ja. Mit der Feuerwehr von gestern werden wir die Herausforderungen von morgen nicht lösen können. Brandbekämpfung, technische Hilfe sowie Sanitäts- und Betreuungsdienste werden traditionell von ehrenamtlichen Einsatzkräften getragen. Wenn der Staat dieses staatstragende bürgerschaftliche Engagement bewahren möchte, muss er sich intensiver um diese Personengruppen kümmern.
Junge Menschen investieren viel Zeit und Kraft, wenn sie sich in der Freiwilligen Feuerwehr engagieren. Sie müssen dann aber auch spüren, dass die Politik das Ehrenamt unterstützt und Prioritäten setzt. Ohne Ehrenamt würde es für Münster deutlich teurer, den Brandschutz sicherzustellen.
Warum gibt es immer mehr Einsätze, Großbrände werden doch immer seltener?
Fritzen: Das stimmt in Bezug auf die Brände. Technische Hilfsleitungen aber nehmen zu und insbesondere im Rettungsdienst steigen die Einsatzzahlen jährlich um rund fünf Prozent. Wir haben in jedem Jahr rund 40 000 Einsätze. Weil die Gesellschaft immer älter wird und deshalb eine immer höhere medizinische Versorgung erforderlich wird. Parallel dazu nimmt die Hemmschwelle ab, den Rettungsdienst anzufordern, wenn eigentlich eine hausärztliche Versorgung ausreichend wäre.
Ist das Thema Terrorgefahr auch ein Thema für die Feuerwehr?
Fritzen: Ja und Nein. Bei Terroranschlägen handelt es sich ja häufig um vorsätzlich ausgelöste Unfallszenarien. Auf große Brände, Explosionen oder Unfälle mit vielen Verletzten müssen wir jederzeit Jetzt aufrufen vorbereitet sein. Ein Thema ist der Terrorismus dennoch, Ereignisse sind denkbar, die in ihrer Dimension eher an Kriegsszenarien erinnern. Beispielsweise Explosionen oder der Einsatz von Giftstoffen.
An welche Einsätze denkt man besonders zurück?
Fritzen: Natürlich an den Starkregen vom Juli 2014. Und den Brand bei den Stadtwerken 2006.
Was war für Sie persönlich der schlimmste Einsatz?
Fritzen: Die schlimmsten Einsätze erreichen oft gar nicht die Öffentlichkeit. Sie werden in kleinen Teams von Einsatzkräften und Notärzten tagtäglich absolviert. Wenn Reanimationsversuche nicht zum Erfolg führen und meine Leute den Angehörigen signalisieren müssen, dass alles Beten und Bangen kein glückliches Ende nimmt, sind diese Tragödien des Alltags belastend. Für mich persönlich war der schlimmste Einsatz ein tödlicher Verkehrsunfall mit drei Feuerwehrmann-Anwärtern 2001 in Amelsbüren.
Wie geht es im Ruhestand weiter?
Fritzen: Ich werde weiter in Fachgremien zum Katastrophenschutz mit der Blickrichtung Europa mitwirken. Das finde ich spannend.