An einem unbeschrankten Bahnübergang im Letter Bruch ist es zu einem folgenschweren Zusammenstoß eines Zuges der Nordwestbahn mit einem Traktor gekommen.
Kollision an unbeschranktem Bahnübergang im Letter Bruch / 28 Fahrgäste haben Glück im Unglück
von Detlef Scherle
LETTE. „Es gab einen lauten Knall“, berichtet ein Fahrgast, der am Samstagnachmittag mit der Nordwestbahn von Coesfeld nach Dorsten wollte. „Wir dachten noch, der hätte ein Reh getroffen. Aber dann sahen wir auch schon ein großes Rad vorbeirollen.“ Das gehörte zu einem Traktor-Gespann mit zwei mit Stroh beladenen Anhängern, den der Triebwagen um 15:24 Uhr auf einem unbeschrankten Bahnübergang im Letter Bruch frontal erfasst. Der Trecker zerbirst in zwei große Teile, die auf einem angrenzenden Acker geschleudert werden. Der 49-jährige Fahrer aus Essen, der das Stroh zu einem nahe gelegenen Betrieb bringen wollte, ist sofort tot.
Als die Rettungskräfte wenige Minuten später eintreffen, können sie nur noch dem leicht verletzten Lokführer, 26 Jahre, aus Dülmen und den 28 Fahrgästen helfen. „Ein Glück im Unglück, dass sie unverletzt geblieben sind“, so Polizeisprecher Peter Nowak. Ein Notfallseelsorger und Helfer der Betreuungseinheit Nord des DRK-Kreisverbandes kümmern sich um die Reisenden. Sie werden zu einem Platz etwas abseits der Unfallstelle in der Nähe des Gehöfts Letter Bruch 4 geleitet. Die Stimmung ist gedrückt, Fassungslosigkeit macht sich breit angesichts der Nachricht vom Tode des Treckerfahrers. „In zehn Minuten wäre ich zu Hause gewesen“, sagt ein Rekener. Dann wieder Schweigen. Später werden sie – organisiert vom Notfallmanager der Bahn – von Kleinbussen abgeholt und zu ihren Zielorten nach Reken und Dorsten gebracht.
Derweil sind Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr Coesfeld und Lette dabei, aus dem schwer beschädigten, aber nicht entgleisten Zug auf das Gleisbett gelaufenes Dieselöl mit Bindemittel abzustreuen. Nach Rettungsdienst, Feuerwehr und Kreispolizei treffen auch Beamte der Bundespolizei ein, um die Ermittlungen zur Unfallursache aufzunehmen. Unterstützt werden sie von Experten des Eisenbahnbundesamtes. Über den Köpfen kreist ein Polizeihubschrauber, von dem aus Übersichtsaufnahmen gemacht werden.
Nachdem die Polizei alle Beweise am Boden sichergestellt oder fotografiert hat, können die Bergungs- und Aufräumarbeiten durch eine Fachfirma und Bahnpersonal beginnen. Die Feuerwehrleute unter der Leitung des stellvertretenden Wehrführers Michael Großfeld, insgesamt 41 Mann aus Coesfeld und Lette, helfen. Die Treckerteile werden auf einen LKW verladen. Mit Hilfe des zweiten Triebwagens an der Heckseite kann der notdürftig reparierte Zug weggeschleppt werden. Gegen 22 Uhr wird die Strecke wieder freigegeben. Die Höhe des entstandenen Schadens ist noch unklar. Am Zug wurde nicht nur der Frontbereich, sondern auch einer der Dieseltanks und seitlich von außen eine Toilette beschädigt. Polizeisprecher Nowak:“Das sind mehrere hunderttausend Euro.“
Wie es zu dem schweren Unfall im Letter Bruch – unweit des ehemaligen Kasernengeländes in Flamschen – kommen konnte, bleibt auch über das Wochenende ungeklärt. An dem Bahnübergang weist normalerweise ein Blinklicht auf herannahende Züge hin. Ob es defekt war oder der Treckerfahrer es – vielleicht aufgrund einer Sonnenblendung – übersehen hat, ist Gegenstand der Ermittlungen. „Alle Daten müssen jetzt erst einmal ausgewertet werden“, sagt ein Polizeisprecher am Sonntag. „Das kann noch Wochen dauern.“
100 Meter entfernt kam der schwer beschädigte Zug zum Stehen. Fotos: Alexander Segbert |
vom: 23.08.2010