Coesfeld. Wehrführer Edmund Böhm (57) hat seine aktive Zeit bei der Feuerwehr Coesfeld nach 25 Jahren und insgesamt 40 Berufsjahren hinter sich. Über seine Erfahrungen und Erlebnisse sprach unser Redaktionsmitglied Uwe Goerlich mit ihm.
Ein Vierteljahrhundert als Feuerwehrmann: welche Bilder haben sich da in Ihrem Kopf angesammelt?
Böhm: Eindrücke größten Leids aber auch größter Freude. Leid, wenn ich an zahllose Unfallopfer denke, wo jede Hilfe zu spät kam. Freude, wenn ich an viele Menschen denke, denen wir das Leben gerettet haben.
Erinnern Sie sich an konkrete Fälle? Es müssen doch in all den Jahren mehrere Dutzende Tote gewesen sein.
Böhm: Das ist richtig. Natürlich tauchen immer wieder Gesichter von Menschen auf. Der grässliche Unfall in Flammen, als zwei Menschen getötet wurden, weil sie von einem Auto gegen eine Hauswand geschleudert wurden. Der Phantom-Absturz vor zehn Jahren. Ein brennendes 200 Liter Fass, das beim Brand der Chemiefabrik Heintze nur einen halben Meter an mir vorbeigeflogen ist. Aber eben auch die andere Seite des Lebens: ein schon blau angelaufenes Baby, dem ich durch Mund-zu-Mund-Beatmung nachweislich das Leben retten konnte. Bei der Fahrt durch die Stadt blitzt vieles wieder auf.
Wie verarbeitet man diese Bilder?
Böhm: Heute gibt es zum Glück psychologische Hilfe, die zu Beginn meiner Laufbahn noch nicht angeboten wurde. Da musste man alleine fertig werden. Und manchmal konnte man sich von den Bildern nicht lösen.
170 Feuerwehrmänner und – frauen sowie 60 Ehrenmitglieder zu führen ist kein 38,5-Stunden-Job.
Böhm: Gehen Sie davon aus, dass man im Schnitt eine 50-Stunden-Woche hat. Ich bin froh, dass meine Frau und Familie das mitgemacht hat.
Ist es deswegen so schwer einen Nachfolger zu finden?
Böhm: Das hängt sicher mit der nicht angepassten Eingruppierung des Wehrführers zusammen, die angesichts des Anforderungsprofils meiner Ansicht nach höher sein müsste.
Wie schätzen Sie den Leistungsstand der Wehr ein?
Böhm: Die Freiwillige Feuerwehr ist technischer und taktischer Hinsicht gut strukturiert. So ist in all den Jahren nie ein Kamerad ernsthaft verletzt worden. Zum Glück haben wir kein Problem, genügend Nachwuchs zu finden. Angesichts von nur zwei Frauen in der Wehr wäre es aber wünschenswert, wenn das weibliche Geschlecht stärker seine Gleichberechtigung suchen würde.
Was waren wichtige Meilensteine?
Böhm: Einer war sicher der Neubau der Feuerwache im Jahr 1998. Ein anderer die Gründung des Stadt-Feuerwehr-Verbandes e.V. im Jahr 1998. Dadurch können wir alle Zweige der Feuerwehr unter einem Dach zusammen bringen. Außerdem verschafft uns das eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit, weil uns Spenden direkt zufließen können.
Welche Zweige meinen Sie?
Böhm: Neben den Feuerwehrleuten ist hier noch die Ehrenabteilung und die Jugendfeuerwehr zu nennen. Demnächst soll auch der Spielmannszug mit seiner Alterabteilung eingebunden werden.
Und was leistet der Feuerwehrverband?
Böhm: Die Förderung des Brandschutzes, der Jugendarbeit, der Ausbildung, der Brandschutzerziehung sowie der Kameradschafts- und Traditionspflege.
Wo positioniert sich die Wehr im gesellschaftlichen Leben der Stadt?
Böhm: Die Integration in die Gesellschaft war mit immer ein besonderes Anliegen und ist nach meiner Einschätzung voll gelungen. Die Feuerwehr bietet Sicherheit und damit Lebensqualität. Die Arbeitgeber unterstützen uns hervorragend, indem sie unsere Kräfte bei Einsätzen freistellen.
Was wartet im Ruhestand auf Sie?
Böhm: Ich fall in kein tiefes Loch. Schließlich kann ich mich endlich gebührend der Familie und den drei Enkeln widmen und habe mehr Zeit für den Sport.