Von Hans-Jürgen Barisch
COESFELD. Natürlich trommeln sie mit den Fingern auf dem Tisch – sie warten. Auf ihren ersten Einsatz: Automobilkauffrau Simone Notthoff, Bürokauffrau Anika Stippel und Hauptschul-Lehrerin Ulrike Stracke. Die drei sind als Feuerwehrfrau-Anwärterinnen die ersten Frauen überhaupt in der Coesfelder Feuerwehr. Aber bis sie tatsächlich an der Seite ihrer männlichen Kollegen in irgendwelche verrauchten Wohnungen oder brennende Häuser stürmen oder mit dem Spreizer – vielen besser als „Rettungsschere“ bekannt – eingeklemmte Personen aus einem Autowrack befreien können, das wird noch dauern. Schließlich haben sie gerade die erste von 54 Stunden Grundausbildung absolviert. Per Handschlag hat sie Stadtbrandmeister Edmund Böhm im letzten Sommer – im Jahr des Ehrenamtes – in den Löschzug I der Freiwilligen Feuerwehr Coesfeld aufgenommen.
Wie man als Frau auf die Idee kommt, zur Feuerwehr zu wollen? „Ich hatte immer schon Interesse daran“, sagt Ulrike Stracke. Interesse am Umgang mit technischem Gerät, dem Fahren großer Fahrzeuge, sagt die stolze Besitzerin des Führerscheins der Klasse zwei (Lkw). Nachdem sie vor Zeiten einmal selbst in Flammen gestanden hatte und keiner helfen konnte, griff sie nach Lektüre des Artikels, in dem die Feuerwehr Frauen suchte, dann sofort zum Telefonhörer. „Ich wollte schon mit zwölf Jahren das erste Mal zur Feuerwehr“, erinnert sich Simone Notthoff. Da habe es geheißen, „Mädels nehmen wir nicht“. Nachdem ein zweiter Zeitungsartikel erschien, wurde sie sofort bei Edmund Böhm vorstellig mit ihrem Wunsch, endlich Feuerwehrfrau zu werden.
„Wir sind sehr gut aufgenommen worden“, findet Anika Stippel. Es gebe keinerlei Probleme, man könne jeden fragen und – bekommt vernünftig Auskunft. Ohne scheel angesehen zu werden, übrigens. Die Frauen seien akzeptiert, für die Wehrmänner habe sich nichts geändert, es habe sich auch noch keiner bewogen gefühlt, sich in Anwesenheit des weiblichen Geschlechts anders benehmen zu müssen als sonst, beschreiben Edmund Böhm und Manfred Wiesmann unisono die sogenannten zwischenmenschlichen Beziehungen.
Nun müssen die drei also lernen. Die Durchführung eines Löschangriffs etwa, das Gerät kennenlernen, wann man es wo wie einsetzt, wie man eine Wasserentnahmestelle herrichtet (Hydrant, Teich), den Umgang mit tragbaren Leitern, wie man eine Schlauchleitung legt oder das C-Strahlrohr vornimmt.
„Richtige Feuerwehrfrauen werden sie – übrigens genau wie die Männer – erst in drei Jahren sein“, räumt Edmund Böhm von vornherein mit eventuell aufkommenden Vorurteilen auf. Nach der Grundausbildung müssen nämlich noch (mindestens) drei Lehrgänge besucht werden: Ein Atemschutz-Lehrgang, ein Maschinisten-Lehrgang und ein Funk-Lehrgang. Stichwort Feuerwehr-Dienstvorschrift, sagt Böhms Stellvertreter, Manfred Wiesmann. Sie regelt alles, zum Beispiel auch den genauen Inhalt der Grundausbildung. Erst wenn Ulrike, Simone und Anika das alles beherrschen, können sie „voll eingesetzt werden. Böhm: „Man kann ja niemanden in einen verrauchten Raum schicken, wenn er den Atemschutz nicht beherrscht.“ Also Umgang mit dem neuerdings „nur“ noch 13 Kilogramm schweren Gerät (Sauerstoffflasche und Maske), Art und Weise des Vorgehens der Feuerwehrmänner, wenn sie versuchen, Menschen zu bergen und, und, und. „Wir sind die Sache behutsam angegangen, mit der Aufnahme von Frauen. Es war aber ein richtiger Schritt“, zieht Böhm ein erstes positives Resümee. Es sei nicht etwa auf Drängen der Öffentlichkeit, sondern durchaus aus dem Innenleben der Wehr heraus geschehen.
Ulrike, Simone und Anika warten jetzt also auf ihre erste Alarmfahrt – zu einem Brand oder einem Unfall. „Ein bisschen Angst und Panik haben wir schon“, räumen die Frauen ein. Aber das wird bei den Männern auch so sein …