Der 70-jährige Peter Dürheimer aus Oberdorf trat vor 54 Jahren in die Feuerwehr ein. Er war Kreisbrandmeister und –inspektor. Am Sonntag gibt er den Vorsitz in Martinszell ab.
Von Kerstin Futschik – AZ Allgäu
Waltenhofen-Martinszell. „Du bist doch die Feuerwehr“. Diesen Satz hat Peter Dürheimer aus Oberdorf in den vergangenen Jahrzehnten öfter gehört. Wegen seines Engagements für die Freiwillige Feuerwehr Martinszell, das mittlerweile 54 Jahre dauert, haben ihn die Menschen im Dorf oft um Hilfe gebeten – auch wenn er gar nicht zuständig war. Nun verabschiedet sich der 70-jährige Vorsitzende aus dem Feuerwehrdienst.
Die Generalversammlung, die am Sonntag um 20.00 Uhr im Feuerwehrgerätehaus in Martinszell beginnt, wird die Letzte sein, die Dürheimer leitet. „Mal schauen, wie‘s geht“ sagt er über seinen bevorstehenden Abschied. Ein Blick in seine blauen Augen verrät: es wird ein emotionaler Abend für den Oberdorfer.
Mit 17 Jahren trat er der Feuerwehr Martinszell bei und war davor schon in der Wasserwacht des Roten Kreuzes am Niedersonthofener See engagiert. Nach fünf Jahren übernahm er 1976 den Posten des Gruppenführers Atemschutz, 1980 wurde er zweiter Kommandant. Das blieb er 24 Jahre und fungierte parallel 16 Jahre als Kreisbrandmeister, bevor er 2014 zum Vorsitzenden gewählt wurde, leitete Dürheimer zehn Jahre als Kreisbrandinspektor den Inspektionsbereich Nord.
In diese zehn Jahre fällt sein spektakulärster Einsatz: 2008 stürzte ein Flugzeug in eine Hochspannungsleitung. Die Insassen, ein Ehepaar, hing drei Stunden in der Maschine fest, bis die Feuerwehr sie befreien konnten. Sie überlebten unverletzt. Dürheimer war als Kreisbrandinspektor mit Kreisbrandrat Michael Seger im Einsatz, einem seiner langjährigen Weggefährten.
Den damaligen Artikel der Allgäuer Zeitung hat Dürheimer abgeheftet. Vier Ordner füllen die Artikel und Fotos inzwischen. Unter den Erinnerungen ist auch das Foto von der Verleihung des Steckkreuzes, der höchsten Auszeichnung des Freistaates für Feuerwehrleute. Und das Foto, das den Besuch der Vorschule bei der Martinszeller Feuerwehr im Jahr 1987 dokumentiert. Einer der Jungen aus der Gruppe schaut anerkennend zu Dürheimer auf, als der Auslöser klickt. Am Sonntag wird dieser Junge der Nachfolger des Vorsitzenden: Matthias Müller, bisher stellvertretender Vorsitzender, stellt sich zur Wahl bei der Generalversammlung.
… Auf die Frage, ob er jemals im Einsatz Angst gehabt habe, antwortet der 70-jährige: „Eigentlich nicht.“ Aber er denkt an einen Einsatz 1980 mit der Wasserwacht zurück: Ein Taucher wurde damals bei einer Übung im Martinszeller Wehr von einer Wasserwalze erfasst und ertrank fast. Dürheimer war damals mit im Wehr. „Das ist immer gefährlich“, sagt er. „Das durfte man nie unterschätzen.“
Als besonders belastend habe er vor allem Verkehrsunfälle empfunden, erzählt der Oberdorfer. Denn die Martinszeller Feuerwehr ist für den B19-Abschnitt zwischen Herzmanns und Immenstadt-Nord zuständig. Ergreifende Einsätze seien immer noch Suizide auf der Bahnstrecke gewesen. Dürheimer erzählt von einem Unterrichtsabend nach so einem Einsatz, bei dem ein Jugendlicher über das Thema sprechen wollte. Danach habe man entschieden, sich in solchen Fällen immer zusammenzusetzen und zu reden. „Kriseninterventionsteams gab es noch nicht.“
Dürheimer ist wichtig, dass sich junge Menschen für die Feuerwehr begeistern können und sich für andere einsetzen wollen. Die Mitglieder der Jugendgruppe in Martinszell seien zuletzt in die aktive Wehr gewechselt, sagt er. Deshalb soll heute wieder eine neue Gruppe aufgebaut werden. „Die Jugendlichen, die jetzt unsere Führung sind, habe ich alle mit ausgebildet.“
…Der Vorsitzende beschreibt sich selbst als ausgeglichenen und positiv denkenden Menschen. Ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus, als ihm einfällt, wie ihm jüngst ein ehemaliger Kommandant einer Oberallgäuer Wehr an einen denkwürdigen Einsatz erinnerte. Der betreffende Feuerwehrler sei noch jung gewesen, als er als zweiter Kommandant den Einsatz leiten sollte, erzählt Dürheimer. Er selbst war zu der Zeit Kreisbrandmeister. „Er dachte, er kann das nicht. Da habe ich zu ihm gesagt ,Das schaffen wir schon, ich bin bei dir‘ “.Als Kreisbrandmeister und –inspektor hätte er auch Einsätze von den örtlichen Kommandanten übernehmen können. „Aber das habe ich nie gemacht.“
Dürheimer schwimmt und walkt gerne in seiner Freizeit, fährt Ski und Rad. Diesen Aktivitäten will er sich nun wieder häufiger widmen, nachdem im vergangenen Jahr mit dem Jubiläum zum 150-jährigen Bestehen der Martinszeller Wehr nicht viel Zeit dafür geblieben ist. Mit seiner Frau Gabriele hat er drei Kinder und fünf Enkel.
Seinen Sohn Christoph dürfte der eine oder die andere von der Allgäuer Festwoche kennen. Dort betrieb Dürheimer mit seiner Frau 18 Jahre den „Schubkarchstand“. „Christoph war immer dabei. Damals sind sehr viele Freundschaften entstanden.“