Martinszell: Schluss mit schwarzer Anzughose und geraden, schlecht sitzenden Jacketts. Die Feuerwehrfrau von heute präsentiert sich in der Uniform mit Rock, taillierter Jacke und kess auf der Haarpracht thronendem Schiffchen. So zumindest bei der Feuerwehr Martinszell, die erst vor kurzem vier junge Damen aus der Jugend in den aktiven Dienst übernommen hat. Das gab es seit 1945 nicht mehr, als sich die einzige Mädchengruppe in der Geschichte der Wehr nach nur einem Jahr wieder auflöste. Jetzt sind die Frauen zurück. Und die Martinszeller Wehr zeigt auch damit, dass sie im 140. Jahr ihres Bestehens längst nicht zum alten Eisen gehört.
68 Aktive hat die Feuerwehr Martinszell aktuell. Zu ihnen gehören seit ihrer erfolgreich absolvierten Truppmann-Prüfung vor wenigen Wochen Kathrin Gruber, Beate Bayrhof, Agnes Stoll und Verena Schmid. Ein kleines Frauengrüppchen, das für Kommandant Elmar Mair durchaus ausgebaut werden könnte: Denn Die Damen sind in ihren Ausgehuniformen, die sich in dieser Ausführung der Kommandant gewünscht hatte, nicht nur schön anzusehen. Sie können auch richtig hinlangen – und tun das genauso wie die Männer in der gemischten Truppe noch mehr. „Da will sich keiner ein Blöße geben“, lacht der Kommandant. Zudem hat er beobachtet, dass – dank der weiblichen Beteiligung – der Umgangston etwas weniger rau geworden ist.
Das bestätigen die vier Feuerwehrfrauen, die sich in dem Männerhaufen wohlfühlen. „Man setzt sich schon durch“, sagt Verena Schmid mit einem Grinsen. Und so ist es selbstverständlich, dass die vier Mädels nicht nur anpacken müssen, wenn es darum geht, die vier Zentner schwere Tragkraftspritze von A nach B zu bewegen, Momente in denen man als Frau bei der Feuerwehr dann doch an körperliche Grenzen stößt. „Ansonsten aber“, meinen die vier unisono, „können wir alles machen.“ Nur ein Problem bleibt für Agnes Stoll, die kleinste im Bunde, ungelöst: „Selbst die kleinste Größe bei den Einsatzanzügen ist mir zu groß.“
Das ist aber nur eine Marginalie und auch ansonsten ist man bei der Martinszeller Jubiläumswehr gerade recht zufrieden. 68 Aktive und die größte Jugendgruppe aller Zeiten: Da braucht sich Kommandant Mair gerade keine Sorgen zu machen. Dennoch betont er, dass der „Überschuss“, den die Wehr derzeit an Aktiven hat, innerhalb der nächsten fünf Jahre keiner mehr sein werde: „Leute gehen zum Studieren, andere scheiden altersbedingt aus. D ist es immer wichtig, dran zu bleiben.“
Das beinhaltet auch, stets gut gerüstet zu sein. Dazu tragen auch das neue Feuerwehrhaus (im September ist Baubeginn) und die geplante Anschaffung eines neuen Fahrzeugs bei. Denn mittlerweile, weiß der Kommandant, sind drei Viertel aller Einsätze technischer Natur. Die ausgebaute B 19 habe ihren Anteil daran.
Generell: In den vergangenen Jahren hat sich das Einsatzaufkommen der Wehr immer mehr gesteigert. Peter Dürheimer, Vorsitzender des Martinszeller Feuerwehrvereins, seit 43 Jahren dabei und bis vor kurzem Kreisbrandinspektor, ärgert sich manchmal darüber. Er sagt: „Keine Frage. Wenn es um Gefahren für Leib und Leben geht, sind wir da. Aber mittlerweile betrachten uns manche als Mädchen für alles. Wir sind halt am schnellsten und billigsten.“
Ärgern will man sich an diesem Wochenende aber nicht. Schließlich stehen die Geburtstagsfeierlichkeiten an (siehe Info). Das ist ein Grund zur Freude. Und auch die Tatsache, dass die Feuerwehr viele Fans hat: Auch solche, die sonst nichts mit den Brandschützern zu tun haben, sind dabei, wenn es um die Organisation des Fests geht. Das freut die Feuerwehr – und zeigt, dass die Menschen im Ort ihren ehrenamtlichen Einsatz zu schätzen wissen.
Blick in die Chronik |
Das Festwochenende |
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Gefeiert wird von Freitag, 11.., bis Sonntag, 13. Juli, im Feststadel in Martinszell-Buch. Die Familie Bayrhof, die wie berichtet vor über einem Jahr durch einen Brand ihr Zuhause verloren hat, stellt den neu aufgebauten Stadel für die Feierlichkeiten zur Verfügung. Das Programm:
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So modern wie die Tatsache, dass es nun Frauen bei der Wehr gibt, sind die Fahrzeuge (im Hintergrund). Das sah 1952 noch ganz anders aus. Da übergab Bürgermeister Josef Deufel auf dem Marktplatz zwei Fahrzeuge mit dem klangvollen Namen „Opel-Blitz“ an die Wehren von Martinszell und Oberdorf. Zur damaligen Zeit waren die Gefährte aber topmodern – und längst nicht jede Wehr hatte welche. Fotos: Ralf Lienert / Feuerwehr |