Seit einem Jahr leitet Christoph Bäumer die Feuerwehr Coesfeld
COESFELD. Seit einem Jahr leitet Christoph Bäumer nicht mehr nur die hauptamtliche Feuerwehrwache mit 17 Angestellten, sondern ist zudem noch Leiter der Feuerwehr. In dieser ehrenamtlichen Funktion trägt er die Verantwortung für rund 195 weitere Kameraden, inklusive Jugendfeuerwehr. Wie er das erste Jahr erlebt hat, welchen Herausforderungen er sich gegenübersah und was noch auf seiner Agenda steht, darüber hat Redaktionsmitglied Jessica Demmer mit dem 57-Jährigen gesprochen.
Seit einem Jahr leiten Sie nun die Feuerwehr. Wie fällt die erste Bilanz aus?
Christoph Bäumer: Als ich damals den Entschluss gefasst habe, habe ich mich schon gefragt, was auf mich zukommt. Die Verantwortung für eine solch große Truppe zu übernehmen, das sollte man sich gut überlegen. Aber ich habe es bislang nicht bereut. Alleine wäre es aber auf keinen Fall leistbar, das geht nur in einem guten Team und das habe ich. Meine beiden Stellvertreter Dominik Möller und Steffen Meyermann waren mit der Leitung der Feuerwehr schon vertraut. Wir kannten uns ja bereits und dennoch mussten wir uns als Team neu finden. Aber auch das hat gut geklappt.
Wie sieht denn jetzt Ihr Arbeitsalltag im Vergleich zu vorher aus?
Christoph Bäumer: (schmunzelt) Ich kann auf jeden Fall sagen, dass es weniger Zeit für Freizeit gibt. Es ist ja nicht „nur“ der Hauptberuf, nach Dienstschluss, also abends und an den Wochenenden, geht es weiter, zum Beispiel mit Versammlungen. Da muss die Familie Zuhause mitgehen und unterstützen. Urlaub im eigenen Garten ist schwierig, ich muss schon wegfahren. Denn wenn man mit so viel Herzblut dabei und vor Ort ist, kann ich schlecht bei einem Einsatz nicht dabei sein. Haupt- und Ehrenamt ist einfach schwierig zu trennen. Zudem hat der Anteil der Kommunikation in alle Richtungen deutlich zugenommen. Ob intern oder extern, zum Beispiel mit der Verwaltung.
Haben Sie denn schon erste Projekte so umsetzen können, wie Sie es sich vorgenommen haben?
Christoph Bäumer: Ja, es sind verschiedene Arbeitsgruppen gebildet worden, zum Beispiel zu den Anforderungen durch die sich ändernde Witterung und Trockenheit. Es gibt eine Gruppe, die sich diesbezüglich um Taktik und Brandbekämpfung und eine, die sich um die materielle Ausstattung kümmert. Zudem gibt es auch eine Arbeitsgruppe „Nachrichtenzentrale/Stabsarbeit“, wo wir ebenfalls Wetterlagen angeknüpft haben. Wir haben allein vor Weihnachten 30 bis 40 sturmbedingte Einsätze koordiniert und arbeiten eng mit der Kreisleitstelle zusammen. Übernehmen auch mal die Priorisierung der Anrufe in solchen Extremsituationen. Zudem gibt es eine neue Hygiene-AG. Einsatzstellen sind ja immer mit verschiedenen Schadstoffen belastet, wir sind dem Brandrauch ausgesetzt. Die kontaminierte Schutzkleidung wird schon an der Einsatzstelle gewechselt und gereinigt, es gibt ein Fahrzeug mit Wechselkleidung. So können wir nach einem Einsatz immer zusammen zurück zur Wache fahren. Auch die Alarm- und Ausrückeordnung haben wir überarbeitet.
Extremsituationen, wie Sie sie jetzt erwähnt haben, scheinen ja zuzunehmen.
Christoph Bäumer: Ja, in der Tat. Das Hochwasser zuletzt hat es auch gezeigt. Wir haben es ja in Zusammenarbeit mit dem Abwasserwerk gut kontrollieren können. Aber auch im Sommer steigt die Waldbrandgefahr wegen der Trockenheit. Im landwirtschaftlichen Bereich haben wir zuletzt mehr Einsätze gehabt, Felder, die in Brand geraten sind. Da steigt auch die Belastung der Kollegen, die bei über 30 Grad in Schutzkleidung ausrücken müssen. Da haben wir zum Beispiel Vorgaben zur entsprechenden Kleidung angepasst.
Wie viele Einsätze hat es denn überhaupt im vergangenen Jahr gegeben?
Christoph Bäumer: 560. Darunter Verkehrsunfälle, Ölspuren, Notfälle hinter verschlossenen Türen, die Deichsicherung zuletzt in Hamm…
Hört sich so an, als wäre die klassische Brandbekämpfung gar nicht mehr der Haupteinsatz.
Christoph Bäumer: Ja, in der Tat macht das nur noch einen Bruchteil aus. Durch die Pflicht von Heimrauchmeldern zum Beispiel gibt es schon früh passende Warnhinweise.
Wir verhält sich denn die Zahl der Einsätze im Vergleich zu den Vorjahren?
Christoph Bäumer: Sie steigt seit vier oder fünf Jahren kontinuierlich an. Wenn der Bürger nicht weiterweiß, ruft er erstmal bei uns an. Das kann dann auch mal ein Einsatz wegen Insekten oder einer Katze sein. Wir schätzen die Gefahren aller Anrufe zunächst ein und verweisen dann entsprechend auf andere Anlaufstellen.
Was steht für dieses Jahr auf Ihrer Agenda?
Christoph Bäumer: Wir müssen zwingend neue Atemschutztechnik anschaffen. Dazu gibt es schon eine Arbeitsgruppe, die sich um die genau für uns passende Technik kümmert. Später wird es dazu Schulungen geben. Ach ja, freie Plätze in der Jugendfeuerwehr gibt es übrigens auch noch.